Vortext: 2009 wurde ich als wissenschaftlicher Beirat in den Frankfurter Zukunftsrat gewählt. In den Jahren ab 2017 habe ich dort im Kompetenzteam Bildung gearbeitet. Wir beschäftigten uns in diesem multidiziplinären Team unterschiedlicher Wissenschaftler und Praktiker mit der zukünftiugen Entwicklung der Bildung. Meine Aufgabe war es, die Rolle der vorgeburtlichen und frühkindlichen Einflüsse, besonders auch über die Rolle der Eltern in diesem Zeitraum zu berichten. Zusammen mit den Aufsätzen der Teamkollegen brachten wir das Buch „Zukunft der Bildung – Bildung der Zukunft“ im Wochenschau Verlag, Frankfurt, heraus. Im Folgenden stelle ich die Zusammenfassung, die Zukunftsvision und das Fazit meines Beitrages „Bildung beginnt vor der Geburt“ dar. Den gesamten Aufsatz kann man unter dem folgenden Link lesen.

Bildung beginnt vor der Geburt

Zusammenfassung

Bildung bedarf biologischer Voraussetzungen in Form eines Zentralnervensystems (ZNS) mit dem Gehirn als Informationsspeicher und -verarbeiter sowie den Nerven als Informationsvermittlern. Die Entwicklung und Qualifizierung des ZNS ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, die schon im Mutterleib einen Einfluss ausüben. Stress während der Schwangerschaft kann sich in jedweder Form über epigenetische Mechanismen auf die Ausreifung des ZNS und somit das spätere Leben des Kindes negativ auswirken. Schon von Geburt an sind altersentsprechende physische und soziale/emotionale Reize für eine adäquate Entwicklung des ZNS notwendig, dessen Entwicklungsmaximum im dritten Lebensjahr liegt. Wenn diese Reize fehlen, entwickelt sich ein Netzwerk ohne Kompetenz. Die frühesten Lehrer der Kinder, die Eltern, sollen deshalb einen adäquaten Umgang mit ihren Kindern lernen. Voraussetzung dafür ist eine gute Partnerschaft. Beides zu vermitteln, gelingt in einer „Geburts- und Familienvorbereitung“, sowie in „spielpädagogischer Begleitung“ durch darin angeleitete Eltern und auch Tagesmütter. So wird nicht nur die biologische Voraussetzung für Bildung optimiert, sondern auch Chancengleichheit und Integration erleichtert, mit weitreichenden positiven Effekten für das gesellschaftliche Zusammenleben. Die dargestellten Maßnahmen können dazu beitragen, das Vertrauen der Menschen in sich selbst und andere zu stärken und ihnen so die Angst vor den Anforderungen der Zukunft zu nehmen. So können die Menschen die Zukunft gestalten und nicht die Zukunft die Menschen.

Zukunftsvision von Bildung

  • Bildung steht allen zur Verfügung – alle erhalten gleich gute Bildungschancen.
  • Bildung ermöglicht den Bürgern ein selbstbestimmtes, würdiges Leben.
  • Mangelhafte Bildung der Eltern bedingt nicht mehr die mangelhafte Bildung der Kinder.
  • Bildung verringert die Kluft zwischen arm und reich.
  • Kluge Bürger wählen kluge Regierungen, stabilisieren die Demokratie und erhalten den Frieden.
  • Bildung und soziale Kompetenz verringert Fehlentwicklungen in wirtschaftlichen Systemen wie bei der Finanz- und Wirtschaftskrise und bewahrt die Gesellschaft davor, zu viel Ressourcen für die Restabilisierung dieser in der Krise destabilisierten Systeme zu verwenden, statt für Maßnahmen, die allen Bürgern zugutekommen.
  • Bildung erleichtert bürgerfreundliches Management von Krisen.
  • Bildung erleichtert die Integration der Mitbürger mit ausländischen Wurzeln.
  • Bildung reduziert die Gefahr, in Extremismus abzugleiten.
  • Bildung ermöglicht, die neuen Technologien zum Wohle des Menschen zu nutzen.
  • Bildung stabilisiert die Reproduktion der
  • Bildung verringert den Hunger in der Welt und damit auch den Migrationswunsch.
  • Bildung nimmt die Angst vor der Zukunft.
  • Bildung macht die Welt ein wenig glücklicher.

Fazit

  • Umfassende Bildung ist der Weg, eine Vielzahl von Problemen der Gesellschaft zu lösen.
  • Bildung ist nur möglich, wenn Menschen fähig sind, das dazu notwendige Wissen zu speichern und zu verknüpfen.
  • Die biologischen Voraussetzungen dazu sind zu optimieren.
  • Die Entwicklung des Nervensystems beginnt im Mutterleib und hat ihr Maximum in den ersten Lebensjahren.
  • Wird das Nervensystem in dieser Zeit nicht mit adäquaten Informationen versorgt, verliert es seine mögliche Leistungsfähigkeit.
  • Auch mütterlicher Stress und Stress in der Familie beeinflussen die Entwicklung des Nervensystems des Kindes negativ.
  • Um schädigende Einflüsse zu verringern und die Entwicklung des Kindes zu verbessern, sind folgende durch die Gemeinschaft finanzierte Maßnahmen für alle Bürger zu initiieren:
  • Vorbereitung potentieller Eltern durch schulbegleitendes „partnerschaftszentriertes Lernen“ und Erweiterung der Studiencurricula um „Erlernen von Selbst- und Beziehungskompetenz“
  • Vorbereitung von werdenden Eltern auf die spätere Herausforderung durch
  • Integration einer Familienvorbereitung in die Geburtsvorbereitung
  • Verbesserung der Lebenssituation von Schwangeren
  • Spielpädagogische Begleitung von Mutter (Eltern) und Kind in den Monaten nach der Geburt
  • Qualifizierung der „Förderbetreuung“ in der Kita
  • Dieses Vorgehen optimiert nicht nur die biologische Voraussetzung für Bildung, sondern ist eine Basis für Chancengleichheit und erleichtert die Integration.
  • Die beschriebenen Maßnahmen tragen zur Festigung der Persönlichkeit bei, was zur relativ angstfreien Annahme der Herausforderungen durch den technischen Fortschritt und die Globalisierung führt; dadurch können zukünftige Umbrüche besser gemeistert werden.